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Sonderthema_Organisation Innendienst & Außendienst
19. August 2016
„Ein effizienter Betrieb ist die Herausforderung für Vermittlerbetriebe“

„Ein effizienter Betrieb ist die Herausforderung für Vermittlerbetriebe“

Die Kassel GmbH, Zweiter beim „Unternehmer-Ass 2016“, hat eine klare Betriebsstruktur mit detaillierter Aufgabenverteilung. Noch mehr Effizienz verspricht sich das Unternehmen durch die Weiterentwicklung von Prozessen und Schnittstellen.

Herr Kassel, würden Sie uns bitte kurz Ihr Maklerbüro vorstellen?

Der Ursprung des Unternehmens ist die Tätigkeit meines Vaters Helmut Kassel für die ALBINGIA – heute AXA – seit dem Jahr 1965. Die Kassel GmbH – Versicherungsmakler gründeten wir im Jahr 2005. Von Beginn an stark regional fokussiert, umfasst unser Angebot die komplette Versicherungspalette vom Kommunalgeschäft bis zum Mittelstand und von der Privathaftpflicht bis zur Cyberpolice. Geführt wird das Unternehmen von meinem Geschäftsführerkollegen Bernd Müller und mir.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie und wie sind grob die Aufgaben verteilt?

Unser Team umfasst 18 Personen, darunter sind sechs Teilzeitbeschäftigte und ein Auszubildender. Sieben Personen füllen überwiegend die Rolle des Kundenbetreuers aus. Alle Aufgaben haben wir Rollen-Profilen zugeordnet: Betreuer, Sachbearbeiter, Buchhaltung, Projektleitung usw. Mitarbeiter können gleichzeitig in verschiedenen Rollen arbeiten. Ein Sachbearbeiter kann bei einigen Kunden schon die Rolle des Betreuers übernehmen und sich so weiterentwickeln.

Wir wollen uns speziell die Organisation und das Zusammenspiel zwischen Innendienst und Außendienst ansehen. Wie sind die Verantwortlichen aufgeteilt – nach Sparten?

Das Zusammenspiel zeigt sich am einzelnen Klienten und ist nicht spartenbezogen. Der Betreuer fühlt sich verantwortlich für die Kundenbeziehung und der Sachbearbeiter für die Prozesse. So entsteht folgender innerbetrieblicher Dialog: Der Betreuer kann sagen: „Frau Musterfrau benötigt den Kundenspiegel auf grünem Papier und die Altersvorsorge schließen wir aus dem Betreuungs­umfang aus.“ Hingegen kann der Sachbearbeiter sagen: „Ohne die notwen­digen Angaben auf dem Risikofrage­bogen kann ich kein Wohngebäude rechnen und bei dem KT fehlt noch die Beratungsdokumentation.“ Der Vorteil für die Kunden ist das altbewährte Vier-Augen-Prinzip. Die Sachbearbeiter betreuen aufgrund von Berufserfahrung und Qualifikation natürlich unterschiedliche Kundenprofile, hier kommt es zur üblichen Privat- und Gewerbe­differenzierung.

Daneben entwickeln sich zentrale Dienste wie zum Beispiel die Buch­haltung, das Scannen, die Pflege der Versichererportale, Listenbearbeitung und das Terminieren. Dadurch können Aufgaben gebündelt werden.

Bezüglich der Sparten haben wir eine Aufteilung auf Betreuerebene. Jutta Heinrich-Reichel ist beispielsweise Expertin für Krankenversicherungen, ich für gewerbliche Versicherungen. Hat einer meiner Klienten einen Bedarf für eine Krankenversicherungsberatung, nimmt Frau Heinrich-Reichel den Termin wahr. Geht es um tiefer gehende gewerbliche Fragestellungen bei Kunden, die Frau Heinrich-Reichel betreut, analysiere ich den Bedarf des Klienten. Diese gemeinsame Betreuung von Klienten ist emotional erleichtert, da keiner bei uns Abschlusspro­visionen bekommt. Alle Mitarbeiter haben ein solides Festgehalt. Somit stehen immer der aktuelle Klienten­bedarf und die fachlichen Neigungen im Vordergrund.

Was bedeutet diese Aufteilung dann noch einmal kurz gefasst in der Zusammenarbeit mit den Kunden?

Jeder Kunde hat einen festen Betreuer und kennt in der Regel auch seinen festen Sachbearbeiter. So erreichen die Kunden telefonisch immer einen Mitarbeiter, der sich in seinen Verträgen auskennt. Bei besonderen Fachfragen kann auf die Kompetenz des gesamten Teams zurückgegriffen werden.

Und was heißt das für die Zusammenarbeit mit den Produktgebern?

Die Termine mit den Maklerbetreuern werden nicht immer ausschließlich von der Geschäftsleitung wahrgenommen. Geht es um Produktinformationen, sind die entsprechenden spartenverantwortlichen Betreuer besser am Platz. Die Courtageabrechung und die Pflege der Zusammenarbeitsvereinbarungen liegen komplett in der Buchhaltung.

Wie sieht es mit der Festlegung von Arbeitsprozessen aus? Wie digital sind Sie hier aufgestellt?

Zurzeit ist die Papier-Kladde mit handschriftlich ausgefülltem Formblatt – Laufzettel – noch der meist genutzte interne Arbeitsprozess. Allerdings bereiten wir gerade alles vor, um innerhalb des MVPs mit elektronischen Vorgängen zu arbeiten. Post wird, wenn möglich, aus den Portalen der Versicherer heruntergeladen, der Rest täglich en bloc eingescannt und digital an die Sachbearbeiter verteilt. Die BiPRO-Schnittstellen nutzen wir zwischen MVP und beispielsweise dem VEMA Portal.

Sie haben beim Unternehmer-Ass in der Kategorie Makler aktuell den 2. Platz belegt. Dazu herzlichen Glückwunsch! Welche Merkmale wurden hier herausgehoben?

Ich glaube, wir haben damit gepunktet, dass wir als traditionell und regional aufgestellter Versicherungsmakler ohne explizite Zielgruppenausrichtung gut aufgestellt sind. Unsere Kunden wollen wir spürbar entlasten und fühlen uns als die externe Versicherungsabteilung unserer Kunden. Aus Rückschlägen, wie dem Verlust von langjährigen Mitarbeitern, haben wir gelernt. Mithilfe der DIN EN ISO 9001 Zertifizierung sind wir jetzt so organisiert, dass die Prozesse klar sind und neue Mitarbeiter schnell eingearbeitet werden können.

Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen und Maklerbüros allgemein die größten Herausforderungen, die es in den nächsten fünf Jahren zu bewältigen gibt?

Ein effizienter Betrieb, der dem Vertrieb Raum schafft, dies ist die Herausforderung für Vermittlerbetriebe. Aktuell nimmt diese Spannung exponentiell zu. Dokumentationsvorschriften, steigende Kundenerwartungen und damit ein steigendes Haftungspotenzial kennen wir. Nun wollen viele Dienstleister – von Vergleichsprogrammen angefangen, über Informationsaufbereiter bis hin zu der Umsetzung der BiPRO-Normen im MVP – helfen, den Anforderungen gerecht zu werden. Doch die Auswahl und Implementierung dieser Tools schafft neue Anforderungen und macht die Arbeit für den einzelnen Mitarbeiter oft komplexer. Hier für seinen Betrieb die richtigen Tools heraus­­zufiltern und nicht unnötig Zeit mit zu vielen Optionen zu verbringen, ist meines Erachtens ein Schlüssel zum Erfolg. Dies wird aber nur den größeren Betrieben gelingen, die für solche internen Projekte genug Ressourcen haben.

Welche Veränderungen planen Sie für Ihr Unternehmen?

Wir werden unsere Prozesse kontinuierlich weiter ver­bessern und die zunehmenden Möglichkeiten der BiPRO-Schnittstellen zeitnah nutzen. Daneben bereiten wir uns darauf vor, kleineren Vermittlern, die den wachsenden Anforderungen nicht mehr gewachsen sind, in unserem Unternehmen eine Heimat zu geben.

Ursprünglich erschienen im Sonderthema „Organisation: Innendienst & Außendienst“ in AssCompact 08/2016 (S.98/99).

Arnd Kassel hat zusammen mit Hartmut Hame, geschäftsführender Gesellschafter der apricot GmbH, und Moderator Axel Link das Thema „Organisation: Innendienst & Außendienst“ auch in einem AssCompact TV Experten-Talk beleuchtet. Zur Sendung gelangen hier.